Dienstag, 1. April 2014

Was ist Diskriminierung und was kann ich dagegen tun?


Seit 2006 ist in Deutschland das sogenannte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (§ AGG) in Kraft. Nach dem § AGG ist Diskriminierung aufgrund der/s ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, Geschlechts, sexuellen Orientierung, Alters und Behinderung verboten. Es schützt vor Diskriminierungen im Arbeitsrecht und bei Massengeschäften beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen sowie privatrechtlichen Versicherungen.

Unterschiedliche Formen von Diskriminierung

Es gibt unterschiedliche Formen von Diskriminierung. Zunächst kann eine Diskriminierung entweder direkt (unmittelbar) oder indirekt (mittelbarerfolgen. Zum Beispiel können indirekte Diskriminierungen durch scheinbar neutrale Regelungen erfolgen. Zu den weiteren Formen von Diskriminierung zählen Belästigung, sexuelle Belästigung, Mobbing und Anweisung zur Diskriminierung. 

Eine Mehrfachdiskriminierung liegt dann vor, wenn eine Person wegen mehrerer Diskriminierungsmerkmale benachteiligt wird. Dies ist der Fall, wenn ein Muslim z.B. aufgrund seiner Religionszugehörigkeit und ethnischen Herkunft diskriminiert wird. 

Mittelbare und unmittelbare Diskriminierung

Eine Muslimin bewirbt sich auf eine Ausbildungsstelle in einem Betrieb. Sie wird zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Der Arbeitgeber ist von ihren Leistungen überzeugt und hält sie für die Stelle geeignet. Ihr wird telefonisch mitgeteilt, dass sie in der engen Auswahl stehe und man sie nur unter der Voraussetzung einstellen könne, wenn sie das Kopftuch abnimmt.
Hierbei handelt es sich um eine direkte Diskriminierung, da das Merkmal Religion explizit als Entscheidungskriterium genannt wird.
Hierbei ist wichtig, dass eine Ungleichbehandlung nur dann vorliegt, wenn die Bewerberin in diesem Fall nicht nur die Voraussetzungen für die Stelle erfüllt, sondern auch der Qualifizierteste unter den Bewerbern ist, aberaufgrund der im § AGG genannten Gründe nicht eingestellt wird. 

In einem Fitnessstudio gibt es Kleidungsvorschriften, die eine Kopfbedeckung im Fitnessstudio verbieten. Diese Regel gilt zwar für alle Kunden unabhängig von der Konfession, jedoch sind de facto lediglich Kopftuch tragende Frauen davon betroffen. Hierbei handelt es sich um eine indirekte Diskriminierung. 

Das Neutralitätsgesetz

Musliminnen, die ein Kopftuch tragen, sind mit Diskriminierung sowohl auf der Arbeitssuche als auch auf dem Arbeitsplatz konfrontiert. Um zu verstehen, in welchen Arbeitsbereichen das Tragen eines Kopftuches erlaubt ist, sollte man sich das Neutralitätsgesetz genauer anschauen.

In den Bundesländern Berlin, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Saarland, Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, ist das sichtbare Tragen von religiösen Symbolen in bestimmten Bereichen des Öffentlichen Dienstes aufgrund des Neutralitätsgesetzes verboten. Dies betrifft insbesondere Richterinnen, Justizvollzugsbeamtinnen, Lehrerinnen und Polizistinnen. Erlaubt ist es hingegen in den folgenden Bundesländern, weil ein gesetzliches Kopftuchverbot bislang nicht diskutiert wurde: Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen. 
In Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wurde ein gesetzliches Kopftuchverbot diskutiert, jedoch vom Parlament abgelehnt, so dass auch in diesen Bundesländern keine Verbotsregelungen existieren. Folglich können Musliminnen mit einem Kopftuch in allen anderen Berufen mit einem Kopftuch arbeiten.

Die Schule kann z.B. Schülerinnen das Tragen eines Kopftuches nicht verbieten. Das Neutralitätsgesetz betrifft lediglich diejenigen, die im Öffentlichen Dienst als Lehrkräfte arbeiten sowie andere Beschäftigte mit pädagogischem Auftrag, darüber hinaus betrifft es Beschäftigte im Bereich der Rechtspflege, des Justizvollzugs und der Polizei. Schüler sind von dieser
Regelung nicht betroffen. 

Diskriminierung auf dem Arbeitsplatz

Was ist, wenn ein Arbeitnehmer von seinen Kollegen diskriminiert wird?

Ein Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei einer Diskriminierung auf der Arbeit beim Arbeitgeber zu beschweren. Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, geeignete Maßnahmen wie z.B. Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu treffen. Arbeitnehmer können einen Anspruch auf Schadenersatz und Entschädigungszahlungen haben.

Wie sieht es aus, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmerin diskriminiert?

Eine Kopftuch tragende Verkäuferin kann z.B. im Einzelhandel arbeiten und muss weder ihr Kopftuch ausziehen noch mit Konsequenzen von Seiten des Arbeitgebers rechnen. Hält der Arbeitgeber sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben und fordert die Arbeitnehmerin auf, das Kopftuch abzulegen, kann Beschwerde oder eine Klage gegen den Arbeitgeber eingereicht werden.

Was können Betroffene tun?

Trotz der gesetzlichen Verbote findet tagtäglich Diskriminierung in verschiedenen Lebensbereichen statt. Es ist daher wichtig, Diskriminierung zu melden, einerseits um zu zeigen, dass Diskriminierung existiert und andererseits, um zu zeigen, in welchen Bereichen und aus welchen Gründen Benachteiligung geschieht. Diese Informationen sind eine Voraussetzung dafür, dass Antidiskriminierungsstellen erfolgreich gegen Diskriminierung vorgehen, indem sie politische und gesellschaftliche Veränderungen einfordern und bestenfalls durchsetzen. 

Du kannst Diskriminierung melden und sogar dagegen klagen. Beratungsstellen bieten kostenlose, rechtliche Beratung für Betroffene von Diskriminierung an. Sie unterstützen Dich dabei, gegen Ungleichbehandlung vorzugehen. Betroffene können sich sowohl an nichtstaatliche Stellen wie z.B. das Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen in Berlin  wenden, als auch an staatliche Stellen wie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. 


Amine Taşdan ist Erziehungswissenschaftlerin (M.A.) und freiberufliche Grafikdesignerin, sie war Mitarbeiterin beim Projekt Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen.

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